Keine Kreditvergabe ohne Prüfung

Warum ich gegen die neuen Regeln für den ESM gestimmt habe

Düsseldorf-Süd, 17. Mai 2020

Liebe Blog-Leserinnen und liebe Blog-Leser,

mehrere Mitgliedsstaaten der Euro-Zone, darunter Frankreich und die südeuropäischen Mitgliedsländer, hatten zuletzt Corona-Bonds gefordert, um auch in der Corona-Krise zu günstigen Konditionen (niedrigen Zinssätzen) Finanzmittel zu erhalten. Diese sind allerdings aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung am berechtigten Widerstand insbesondere von Deutschland, den Niederlanden und Finnland gescheitert.

Stattdessen sollen die Möglichkeiten des Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM) genutzt werden. Der ESM kann Kredite an Mitgliedsstaaten der EU zu günstigen Konditionen vergeben. Der Bundestag hat am Donnerstag der grundsätzlichen Bereitstellung einer sogenannten Kreditlinie zugestimmt.

Da aber der nun beschlossene Antrag den festgeschriebenen Bestimmungen des ESM widerspricht, habe ich ihm nicht zugestimmt. Damit der ESM Kredite an Staaten der Euro-Zone freigeben kann, müssen alle Mitgliedsländer zunächst die Kreditlinie (Kreditlinie mit verschärften Bedingungen, engl. „enhanced conditions credit line“ – ECCL) festlegen. Diese besagt, bis zu welcher Höhe die Antragsteller Kredite beantragen können (Kreditobergrenze waren bislang 2% des BIP aus dem Vorjahr). Normalerweise wurde die Vergabe von Krediten dann an Bedingungen geknüpft. Auch musste eine Prüfung stattfinden, ob der antragstellende Staat wirtschaftlich grundsätzlich solide ist. Diese Prüfung wird nun allerdings entfallen. Außerdem mussten Staaten bislang, wenn sie einen Kredit beim ESM beantragen, Reformmaßnahmen einleiten, welche durch die sogenannte Troika aus EZB (Europäischer Zentralbank), IWF (Internationaler Währungsfonds) und EU-Kommission überwacht wurden. Diese Bedingung sollte sicherstellen, dass die Kredite im antragstellenden Mitgliedsstaat auch dafür verwendet werden, selbstständig eine nachhaltig sichere Finanzsituation zu erreichen.

Da nun aber keine Reformmaßnahmen im Zusammenhang mit der Kreditvergabe eingefordert werden, haben die Euro-Mitgliedsländer, auch Deutschland, nun wenig Einfluss darauf, wie die vergebenen Kredite genutzt werden. Es ist daher unsicher, ob sich langfristig etwas an der schlechten Haushaltssituation in einigen Mitgliedsländern ändern wird. Eine Ausnutzung der bereitgestellten Kredite für die Finanzierung von parteipolitischen Geschenken wie einer hohen Grundrente in Italien wird nun ebenfalls schwierig zu verhindern sein. In Deutschland hingegen werden Kredite u.a. der KfW stets an Bedingungen geknüpft. Es ist mir nicht verständlich, warum diese Bedingungen nicht auch für Mitgliedsstaaten der Euro-Zone gelten sollen.

Die Höhe der Kreditlinie muss allerdings noch vom Bundestag in weiteren Beratungen abgesegnet werden. Ich werde mich nun dafür einsetzen, die Kreditlinie so klein wie möglich zu halten, damit deutsche Steuerzahler möglichst wenig Haftung für andere Euro-Mitgliedsstaaten übernehmen.

Herzlichst

Ihre Sylvia Pantel