Risiken des Fachkräftezuwanderungsgesetzes ausgeblendet?

Die Große Koalition hat sich auf ein Eckpunktepapier zur Arbeitsmigration verständigt. Bei genauerem Hinsehen fällt jedoch auf, dass die Grenze zwischen Asyl und Arbeitsmigration weiter verwischt wird. Auch droht mit diesem Gesetz ein großes Risiko, dass Migranten, die nur kurzzeitig arbeiten, später als Geduldete bleiben und damit dauerhaft in die Sozialsysteme einwandern.

Eine Kolumne von Sylvia Pantel bei NRW.direkt

Düsseldorf-Süd, 9. Oktober 2018

In der letzten Woche wurde ein Eckpunktepapier zur Arbeitsmigration veröffentlicht, auf das sich die Große Koalition verständigt hat. Im Kern ist geplant, dass Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten mit Berufsabschluss und Deutschkenntnissen für sechs Monate zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland kommen dürfen, wenn sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Der Gesetzentwurf soll bis Ende des Jahres in der Regierung abgestimmt und dann im Bundestag beraten werden.

Für abgelehnte Asylbewerber, die lediglich geduldet werden, ist in diesem Papier faktisch ein „Spurwechsel“ in einen dauerhaften Aufenthaltsstatus vorgesehen – und zwar unabhängig von ihrer fachlichen Qualifikation und dem Bedarf unseres Arbeitsmarktes. So heißt es auf Seite 2 des Papiers: „Wir werden im Aufenthaltsrecht klare Kriterien für einen verlässlichen Status Geduldeter definieren, die durch ihre Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt sichern und gut integriert sind.“

Ein Signal, dass sich illegale Einreise lohnt

Schon alleine das ist kritisch zu sehen, weil es ein Signal in die Welt sendet, dass sich eine illegale Einreise nach Deutschland auch bei Ablehnung eines Schutzstatus unter weitgefassten Kriterien der Erwerbstätigkeit und „guter Integration“ lohnt. Wenn wir uns anschauen, welche unkontrollierte Einwanderung Deutschland seit 2015 zu verkraften hat und welche Verwerfungen das allein im Bereich der inneren Sicherheit ausgelöst hat, ist es wohl kaum wünschenswert, dass wir erneut eine Botschaft in den Rest der Welt senden, dass jeder zu uns kommen und zum Schluss schon irgendwie bleiben kann.

Das größte und vor allem völlig unkalkulierbare Risiko dieses geplanten Gesetzes sehe ich jedoch darin, dass der Entwurf keine Regelung dafür vorsieht, welchen Status Migranten haben sollen, die ihre Erwerbstätigkeit in Deutschland nach einiger Zeit nicht mehr fortsetzen. Einzelne, zumeist medienwirksam inszenierte Abschiebungen von Kriminellen und Gefährdern können nicht darüber hinwegtäuschen, dass fast alle, die in unser Land gekommen sind, zum Schluss auch bleiben. Wer nicht für sich selbst sorgen kann, wandert faktisch in unsere Sozialsysteme ein – und zwar unabhängig davon, ob er legal oder illegal nach Deutschland gekommen ist. Und wer erst mal da ist, kann dann auch noch im Rahmen des Familiennachzuges seine Verwandten nach Deutschland holen, was die Sozialsysteme noch weiter belastet.

Risiken werden auf die Allgemeinheit abgewälzt

Auch passt die Bezeichnung Fachkräftezuwanderungsgesetz gar nicht zum Text desselben: Wer definiert, was Fachkräfte überhaupt sind? In den Staaten der Dritten Welt gibt es keine duale Ausbildung. Hinzu kommt, dass wirklich qualifizierte Fachkräfte mit der „Blue Card“ auch andere Möglichkeiten zur legalen Einwanderung haben. Auch dem Anspruch, erst einmal die Menschen im eigenen Land zu fördern, werden wir mit einem solchen Gesetz nicht gerecht. Gleiches gilt für den Anspruch, die Arbeitslosigkeit in Europa zu bekämpfen.

Wenn die Arbeitsgeber weiter auf Fachkräfte aus Nicht-EU-Staaten beharren, dann sollen sie doch eine Bürgschaft für sie übernehmen. Etwa in der Form, dass sie nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiter deren Unterhalt bezahlen. Aber dass diese Risiken auf die Allgemeinheit abgewälzt werden, ist nicht einsehbar. Deutschland braucht Wege, die Migration in geordnete Bahnen zu lenken. Ein weiteres Gesetz, dass nur der unkontrollierten Migration Tür und Tor öffnet, ist weder sinnvoll noch der Bevölkerung vermittelbar.