Nein heißt Nein

Reform des Sexualstrafrechts

Berlin, 3. Juni 2016

Liebe Blog-Leserinnen und liebe Blog-Leser,

als Berichterstatterin für alle Themenfelder des Bereichs „Gewalt gegen Frauen“ bin ich auch von Seiten des Familienausschusses für die Reform des Sexualstrafrechts zuständig. Sehr interessant war die Anhörung im Rechtsausschuss zu den geplanten Änderungen und das Ringen um die eindeutigen Formulierungen. Anklagen wegen Vergewaltigung führen in nur acht Prozent der Fälle zu Verurteilungen. Das liegt vor allem daran, dass das Strafgesetz gewisse Kriterien, sogenannte Tatbestandsmerkmale, voraussetzt, damit eine Tat als Vergewaltigung gilt. Für viele Bürger ist offensichtlich, was eine Vergewaltigung ist. Damit ein Rechtsstaat funktioniert, müssen wir aber genau definiert haben, was das Verhalten ist, das wir unter Strafe stellen wollen.

nach der Anhörung zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung mit der ehemaligen Justizministerin aus NRW und derzeitige Bundesvorsitzende des Weißen Rings Roswitha Müller-Piepenkötter.

Nach der Anhörung zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung mit der ehemaligen Justizministerin aus NRW und derzeitige Bundesvorsitzende des Weißen Rings Roswitha Müller-Piepenkötter.

Mit dem bisherigen Gesetzentwurf der Bundesregierung zu diesem Straftatbestand werden einige Schutzlücken geschlossen. Er geht aber vielen Experten und auch uns Frauen in der Koalition nicht weit genug, in langen Diskussionen haben wir uns in der Koalition auf den Grundsatz „Nein-heißt-Nein“ angeschlossen. Alle sexuellen Handlungen gegen den erkennbaren Willen einer Person sollen generell unter Strafe gestellt werden. Geregelt werden sollen auch Fälle, in denen das Opfer eines sexuellen Übergriffs kein klares Nein erklären kann, der entgegengesetzte Wille des Opfers aber ersichtlich ist. Zum Beispiel aus Angst, Überraschung oder aufgrund von Behinderung oder K.O.-Tropfen. Daher soll aus dem Justizministerium auch ein neuer, überarbeiteter Vorschlag kommen.

Grapschen, also die körperliche Berührung, besonders im Intimbereich, und Übergriffe aus einer Gruppe heraus sollen zukünftig ebenfalls eigene Straftatbestände werden. Das entspricht auch dem Rechtsempfinden der Bürger.

Die Sorge vor Falschanschuldigungen ist übrigens vor zwanzig Jahren bei der Debatte über die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe schon geäußert worden und hat sich nicht bestätigt. Ich gehe nicht davon aus, dass eine Gesetzesänderung zu hunderten Falschanzeigen wegen Sexualdelikten führen wird, vor allem, da das Vortäuschen einer Straftat ja auch bestraft wird.

Sexuelle Selbstbestimmung gehört zu den Menschenrechten. Zusammen mit dem neuen Prostituiertenschutzgesetz werden wir auch hier die Chance zur Verbesserung der Situation für die Opfer nutzen.

Herzlichst

Ihre Sylvia Pantel