Können wir IS-Rückkehrerinnen glauben?

In Syrien und dem Irak inhaftierte IS-Frauen geben sich geläutert, um möglichst bald wieder nach Deutschland kommen zu dürfen. Ist das glaubwürdig? Oder erzählen uns Salafisten, Frauen wie Männer, wenn sie unsere Hilfe brauchen, immer nur das, was wir gerne hören wollen? Die Sicherheitsbehörden werden jeden einzelnen Fall genau überprüfen müssen. Dabei dürfen sie sich nicht von Gutgläubigkeit und Wunschdenken leiten lassen.
Eine Kolumne von Sylvia Pantel bei NRW-direkt.de

Düsseldorf-Süd, 19. Juni 2018

In den von Kurden kontrollierten Gebieten in Syrien und im Irak befinden sich derzeit etwa 40 Frauen mit deutscher Staatsbürgerschaft in Haft, die sich nachweislich der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) angeschlossen hatten. Vor einigen Wochen sprachen zwei dieser Frauen mit deutschen Journalisten. Dabei beklagten sie ihre Haftbedingungen, die insbesondere für die Kinder schlimm seien. Rettung versprechen sie sich von der Bundesregierung, die ihrer Meinung nach dafür sorgen soll, dass die Mütter mit ihren Kindern wieder nach Deutschland zurückkommen können.

In Nordrhein-Westfalen, wo bereits acht solche Rückkehrerinnen und 18 solcher Kinder leben, werden sie jedoch als Sicherheitsrisiko betrachtet. Insbesondere vor den von ihren Eltern jihadistisch erzogenen und damit stark radikalisierten Kindern warnen die Sicherheitsbehörden seit Monaten. Die in der Haft interviewten Frauen bestritten jedoch, gefährlich zu sein und präsentierten sich geläutert. Von den Gräueltaten des IS hätten sie nichts gewusst, behaupteten sie, da sie sich die meiste Zeit in ihren Wohnungen aufgehalten haben, um sich dem Haushalt sowie der Versorgung der Kinder und Ehemänner zu widmen.

Von öffentlichen Hinrichtungen nichts gewusst?

Aber sind diese Darstellungen wirklich glaubwürdig? Ist es wirklich vorstellbar, dass sich diese Frauen der Versorgung ihrer Männer gewidmet, aber nicht mitbekommen haben, dass diese gefoltert und gemordet haben? Nehmen wir als Beispiel die syrische Stadt Rakka, die als „Hauptstadt des IS“ bezeichnet wurde. Rakka ist eine eher kleine Stadt. Und dort gab es immer wieder öffentliche Hinrichtungen des IS. Und das soll sich in einer kleinen Stadt nicht herumgesprochen haben?

Auch ein anderer Aspekt darf nicht vergessen werden: Fast alle Programme, die die Innenbehörden bis jetzt zur Bekämpfung des Salafismus entwickelt haben, basieren auf dem Grundgedanken, dass die Salafisten ihren Irrweg selber einsehen. Seit Jahren wünschen wir uns sehnlichst, dass dies endlich eintritt. Damit laden wir die Salafisten, Frauen wie Männer, wenn sie unsere Hilfe brauchen oder vor Gericht stehen, aber auch dazu ein, uns genau das zu erzählen, was wir gerne von ihnen hören wollen.

Was sich jedoch oftmals tatsächlich hinter solchen Geschichten verbirgt, konnte man 2015 beim Prozess gegen Karolina R. deutlich sehen. Die Bonnerin war 2010 zum Islam konvertiert. Nur fünf Jahre später stand sie in Düsseldorf vor dem Oberlandesgericht. Vorgeworfen wurde ihr die Unterstützung des IS. Ihre Verteidigung bestand daraus, zu beteuern, sie habe nur ihrem Mann, dem ebenfalls aus Bonn stammenden mutmaßlichen Kriegsverbrecher Fared Saal, helfen wollen und dabei gar nicht wirklich gewusst, wer oder was der IS überhaupt sei.

Chat-Protokolle und Telefonate zeichnen ein anderes Bild

Chat-Protokolle und abgehörte Telefonate zeichneten jedoch schnell das Bild einer begeisterten IS-Anhängerin, die Hinrichtungen im Namen Allahs gutgeheißen und den Zwang zur Vollverschleierung der Frauen in vom IS kontrollierten Gebieten regelrecht bejubelt hat. Damit war es nur logisch, dass ihr die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza diese Naivität nicht abkaufte und sie wegen Terror-Unterstützung zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilte. „Sie waren eine ganz Harte“, sagte Havliza in ihrer Urteilsbegründung.

Große Medien berichteten nach dem Urteil, Karolina R. habe sich in dem Prozess vom IS distanziert. Tatsächlich waren die Meinungen darüber geteilt; so berichteten Prozessbeobachter, die damals 26-Jährige habe sich in erster Linie von ihrem Mann distanziert. Der hatte sich in Syrien weitere Frauen genommen, was ihr offenbar nicht gefiel. Möglicherweise haben da einige Journalisten nur das gehört, was sie gerne hören wollten. Glücklicherweise war die Justiz nicht ganz so gutgläubig und hat der zwischenzeitlich wieder freigelassenen Karolina R. unter anderem zur Auflage gemacht, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden.

IS-Rückkehrerinnen und ihre Kinder stellen grundsätzlich eine Gefahr für unser Land dar. Den Sicherheitsbehörden kommt dabei die schwierige Aufgabe zu, jeden einzelnen Fall genau zu überprüfen. Dabei dürfen sie sich auf gar keinen Fall davon täuschen lassen, dass diese Frauen jetzt, wo sie in Not sind, uns genau das erzählen, was wir gerne hören wollen.