Ideologische Bildungspolitik schadet den Kindern

Wenn Bildungspolitik nicht mit Sachverstand betrieben wird, sondern einzig und allein durch linke und grüne Ideologie geprägt ist, schadet sie allen Kindern. Bildungspolitik muss ideologiefrei und an den besten Ergebnissen für unser Land orientiert sein.

Eine Kolumne von Sylvia Pantel bei NRW-direkt.

Düsseldorf, 25. April 2017

Ein Politikwechsel in Nordrhein-Westfalen ist dringend nötig. Ein Beispiel dafür ist nicht nur das fatale Versagen bei der Sicherheits- und Integrationspolitik in unserem Bundesland, sondern auch die katastrophale Lage der Bildungspolitik. Als Bundespolitiker haben wir nur sehr wenig Einfluss auf die NRW-Bildungspolitik. Ich will in dieser Kolumne aber nicht in die üblichen Klagen über den Föderalismus einstimmen, sondern Ihnen erläutern, weshalb wir in NRW dringend eine andere Schulpolitik benötigen. Das weiß ich nicht nur durch den Austausch mit meinen Bundestagskollegen, etwa aus Bayern oder Sachsen, sondern vor allem durch meine langjährige Arbeit als Düsseldorfer Stadträtin im Bereich Schule und Jugend.

Jedes Kind ist anders und hat andere Begabungen, Vorlieben und Ansprüche. Eine gute Schulbildung hängt davon ab, dass Kinder unterschiedlich gefördert werden und ein differenziertes Angebot vorfinden. Warum liegen in allen Bildungsvergleichen Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg immer ganz vorne? Wieso lernt man in NRW nicht von ihnen, wo wir in den nationalen Vergleichen immer ganz hinten liegen? Wieso lassen wir zu, dass ein Großversuch nach dem anderen mit unseren Kindern stattfindet, ohne dass die Versuche auch ausgewertet werden? Wieso wird nicht geforscht, warum trotz 10-jähriger Schulpflicht junge Leute die Schule verlassen, ohne richtig lesen, schreiben oder rechnen zu können. Warum brechen so viele junge Leute ihr Studium ab und warum wird nicht gefragt, von welchen Schulformen sie kommen?

Das sind viele unbeantwortete Fragen. Hinzu kommt die äußerst schlechte finanziellen Ausstattung durch das Land. Damit wird ein volkswirtschaftlicher und persönlicher Schaden in immenser Höhe produziert. Nicht nur der persönliche Misserfolg, sondern auch die fehlenden Beiträge in die Sozialkassen und das Vorhalten von Studienplätzen sind hier zu nennen. Der hohe Ausbildungsplatzmangel ist auch noch nicht so lange her. Haben wir das schon wieder vergessen?

Ein gutes Schulsystem ist ein differenziertes Schulsystem

Noch vor zehn Jahren hatte ich viel Zeit darauf verwendet, Ausbildungs- und Praktikumsplätze für Haupt- und Realschüler zu finden. Es gab keine! Immer wieder habe ich als Konsequenz auf den dann später folgenden Facharbeitermangel hingewiesen. In der Öffentlichkeit wurde das duale Ausbildungssystem gepriesen, doch in Wirklichkeit sollte jedes Kind aufs Gymnasium gehen. Häufig wurde ausbleibender schulischer Erfolg mit elterlichem Versagen in einen direkten Zusammenhang gebracht. In der Öffentlichkeit entstand der Eindruck, dass jedes Kind Abitur machen könnte und dann studieren sollte. Ein schulischer Weg ohne Gymnasium gilt auch heute noch als Bildungsabstieg und als Versagen des Elternhauses.

Zusammenhänge von Beruf und Berufung oder eine unbeschwerte Jugend mit der Beachtung von Neigung und Fähigkeiten scheinen unbedeutend. Deutschland hat mit seinen Hauptschulen, Realschulen und (Fach-) Gymnasien sowie dem dualen Ausbildungssystem und den Aufstiegsmöglichkeiten für jeden, der Leistung erbringt, gute Erfahrungen gemacht. Wir sollten aufhören, die Lehrer andauernd mit neuen ideologisch geprägten Reformen vom Unterrichten abzuhalten. Die Schulen brauchen gute Lehrer, zeitgemäßes Lehr- und Unterrichtsmaterial mit moderner Technik sowie Verlässlichkeit. Die Experimentierfreude an unseren Kindern hingegen, etwa mit der derzeit gepriesenen „Vielfalt“ oder der Frühsexualisierung, nimmt ihnen ihre Unbefangenheit und stiehlt ihnen wertvolle Zeit.

Diese Form der Inklusion ist fatal

Jetzt gerade wird die Inklusion von der rot-grünen Landesregierung völlig falsch gemacht. Wegen unserer Geschichte und der Ermordung behinderter Menschen während des Zweiten Weltkrieges hatten wir ein differenziertes, nach verschiedenen Förderschwerpunkten gutes, wenn auch teures Förderschulsystem aufgebaut. Auch die Werkstätte für angepasste Arbeit ist entstanden. Wir haben mit der Sonderpädagogik sogar einen eigenen Studiengang aufgebaut. Das alles steht derzeit auf dem Spiel. Selbstverständlich ist es richtig, wenn wir durch Umbauten und Assistenzen körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen helfen, die Regelschulen zu durchlaufen. Eine Inklusion aber, bei der geistig behinderte Kinder mit besonderem Förderbedarf einfach in eine Regelschul-Klasse gesetzt werden und dann niemand der Behinderung des Kindes konkret gerecht werden kann, ist fatal.

Bei der oft angepriesenen Integration einiger Nachbarländer bleibt stets unerwähnt, dass es in vielen europäischen Ländern keine Schulpflicht für geistig behinderte Kinder gibt. Zu oft muss man den Eindruck haben, dass Inklusion von der Landesregierung hauptsächlich genutzt wird, um gute Förderschulen in unserem Land einzusparen. Die Klassen in den allgemeinbildenden Schulen sind viel zu groß, um auch nur im Ansatz den unterschiedlichen Behinderungen gerecht werden zu können. Damit tut man niemandem einen Gefallen, am wenigsten den Kindern mit besonderen Lernbedarfen. Von den Förderschulen bis zur Werkstatt für angepasste Arbeit haben wir in Düsseldorf ein breites Spektrum an zielgerichteter Förderung mit gut ausgebildeten Pädagogen. Dieses Angebot darf nicht durch eine von der rot-grünen Landesregierung falsch verstandene Inklusion kaputtgespart werden! Dabei wird auch völlig vergessen, dass die Kinder ohne geistige Behinderungen ebenfalls einen Anspruch auf Bildung haben und dem Wettbewerb von Morgen standhalten müssen.

Keine Islamisten an unseren Schulen!

In unserem Land halten wir Kirche und Staat aus gutem Grund getrennt. Dass es in den Schulen Religionsunterricht gibt, finde ich dennoch sehr richtig. Im Religionsunterricht sollen wichtige Werte vermittelt werden. Unser Land, seine Traditionen und Gebräuche sind nur dann gut zu verstehen, wenn ein gewisses Grundwissen der christlichen Religionsgeschichte vorhanden ist. Und wenn seit Jahrzehnten immer mehr muslimische Kinder in Deutschland aufwachsen, sollten wir auch ihnen einen solchen Unterricht anbieten. Sie sollten in unseren Schulen etwas über die christliche Geschichte unseres Landes erlernen, ebenso Wissen über einen modernen und aufgeklärten Islam erlernen.

Leider tut die Landesregierung nichts dafür, dass dieser Unterricht auch tatsächlich so stattfindet. Der der türkischen Religionsbehörde Diyanet unterstehende Dachverband DITIB arbeitet maßgeblich bei der Bereitstellung von Lehrern und Inhalten mit. Ein Beirat für den islamischen Religionsunterricht zertifiziert Lehrer und empfiehlt Bücher, aber wir wissen nichts darüber, was wirklich in diesem Unterricht gelehrt wird. Wir wissen auch nicht, was wirklich beim muttersprachlichen Unterricht an unseren Schulen gelehrt wird – wir zahlen nur dafür! Solche Entwicklungen müssen wieder gestoppt werden.

Vergessen wir nicht: Nur wenn wir heute unsere Kinder gut ausbilden und jeden nach seinen Fähigkeiten stärken, haben wir auch in zwanzig Jahren hervorragende Ärzte und Ingenieure, gute Lehrer, ein starkes Handwerk sowie einen technisch-innovativen Mittelstand. Und nur dann, wenn unsere Kinder nicht nur eine Berufsausbildung, sondern auch echte Bildung bekommen, haben wir auch in zwanzig Jahren eine starke Bürgergesellschaft, die informiert ist und unsere Demokratie stärkt.