Die Kritik am Koalitionsvertrag ist berechtigt

Bei einer Neuauflage der Großen Koalition mit der SPD scheint der Weg zum europäischen Zentralstaat vorgezeichnet. Wirksame Maßnahmen zur Begrenzung der Einwanderung sind im Koalitionsvertrag ebenfalls nicht erkennbar. Als letzte Möglichkeit sollten wir eine Minderheitsregierung ernsthaft prüfen.

Eine Kolumne von Sylvia Pantel bei nrw-direkt.net

Düsseldorf-Süd, 13. Februar 2018

Aktuellen Umfragen zufolge hätte die Große Koalition in der Bevölkerung keine Mehrheit mehr. Seit der Bundestagswahl im September hat sich einiges verändert, sehr viele Bürger in unserem Land fühlen sich nicht mehr ernst genommen. Unmittelbar danach hatte der damalige SPD-Vorsitzende Martin Schulz noch gesagt, seine Partei stehe für eine erneute Große Koalition nicht zur Verfügung. Bundeskanzlerin Angela Merkel hingegen hat stets betont, dass die CDU zur Regierungsbildung bereit ist. Nach dem Scheitern der Verhandlungen über ein sogenanntes Jamaika-Bündnis blieb der Union nur noch die Option, mit der SPD über eine Neuauflage der Großen Koalition zu verhandeln, bevor es eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen geben würde.

Das Ziel einer stabilen Regierungsbildung darf jedoch nicht dazu führen, dass ein Verhandlungspartner die Situation ausnutzt, um überzogene Forderungen zu stellen. Genau das aber hat Martin Schulz getan. Darum wird sich die Bildung einer verlässlichen Regierung mit diesem Koalitionspartner meiner Meinung nach als ausgesprochen schwierig erweisen. Und bevor die SPD überhaupt Regierungsverantwortung übernimmt, sollte sie zuerst einmal ihr Personalkarussell in den Griff bekommen. Als letzte Möglichkeit sollten wir eine Minderheitsregierung ernsthaft prüfen.

Gemeinsamkeiten mit der SPD reichen nicht für eine stabile Regierung

Obwohl die Union deutlich mehr Wählerstimmen bekommen hat als die SPD, findet sich das im Koalitionsvertrag kaum wieder. Darum werden die Verhandlungsergebnisse zurecht kritisiert, denn das Koalitionspapier trägt in wesentlichen Inhalten leider nicht die Handschrift der CDU/CSU. Ein Indiz dafür ist, dass die Union den Sozialdemokraten mit dem Finanzministerium nun auch eines der wichtigsten Ressorts überhaupt überlassen möchte. Natürlich werden die Sozialdemokraten die Politik des bisherigen Finanzministers Wolfgang Schäuble nicht fortsetzten wollen. Vielmehr bleibt zu befürchten, dass die SPD mehr Geld für europäische Befindlichkeiten sowie die Sanierung der Haushalte einiger EU-Krisenländer ausgeben wird. Im Grunde dokumentiert das Koalitionspapier, dass die Gemeinsamkeiten zwischen Sozialdemokraten und der CDU/CSU für eine stabile und auf vier Jahre angelegte Regierung nicht ausreichen.

Das wird etwa an den Passagen zu Europa deutlich. Hier finden sich zu viele offene Fragen und unvorhersehbare Risiken für den deutschen Steuerzahler wieder. Dies kann als eine Vorstufe der europäischen Schulden- und Haftungsunion gesehen werden, welche die einst vereinbarten Stabilitätskriterien von Maastricht obsolet erscheinen lassen. Sollte es zu einer Regierungsbildung mit der SPD kommen, scheint der Weg zum europäischen Zentralstaat vorgezeichnet. Das aber wäre eine komplette Kehrtwende der bisherigen Europapolitik der Union. Damit würde die CDU bei den Bürgern weiter an Glaubwürdigkeit verlieren.

Berechtigte Sorgen vor steigenden Straftaten ernst nehmen

Wirksame Maßnahmen zur Begrenzung der Einwanderung sind in dem Papier ebenfalls nicht erkennbar. Also ist davon auszugehen, dass weiterhin tausende Menschen – ob mit oder ohne Nachweis ihrer Identität – unter dem Vorwand der Asylsuche nach Deutschland einreisen werden. Dabei müssten die berechtigten Sorgen der Bürger vor steigenden Straftaten sowie um die langfristige Entwicklung unserer Gesellschaft sehr ernst genommen werden.

Was ich dabei besonders ärgerlich finde, ist, dass den Bürgern zuvor jahrelang gesagt wurde, dass in den Bereichen Schule, Polizei, Bundeswehr und dem Gesundheitssystem aufgrund fehlender Finanzmittel gespart werden müsse. Nun soll plötzlich doch Geld da sein, für Menschen aus Krisengebieten, die mit unserer Weltanschauung nichts gemeinsam haben und außerdem die Sicherheitslage sowie das Lebensumfeld unserer Bürger stark beeinträchtigen? Hier brauchen wir mehr offene Diskussionen und Erklärungen. Dazu gehört für mich auch, klar zu sagen, dass wir nicht alle Menschen bei uns aufnehmen können, die zu uns kommen möchten – zumal die Integrationsprobleme der Vergangenheit noch längst nicht gelöst wurden.

Mit Sorge sehe ich auch, dass das Kooperationsverbot im Grundgesetz weiter gelockert werden soll, denn dies widerspricht dem bestehenden Subsidiaritätsprinzip. Die bisherige Regelung sieht vor, dass Finanzhilfen des Bundes nur für die Schulen finanzschwacher Kommunen zulässig sind. Im Rahmen des Koalitionspapiers sind aber zwei Milliarden Euro alleine für den Ausbau von Ganztagsschulen und -betreuung vorgesehen.

Kein Erfolg für die Union

Sicherlich gibt es auch einige Politiker, die das ausgehandelte Koalitionspapier als Erfolg für die Union sehen wollen. Allerdings ist innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch der Widerstand gegen diese Sichtweise spürbar geworden.

Selbst wenn es zu keiner Neuauflage der Großen Koalition kommen sollte, werden wir uns dafür einsetzen, dass die Unions-Fraktion vom Artikel 63 unserer Verfassung Gebrauch macht. Der besagt, dass ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin auf Vorschlag des Bundespräsidenten ohne Aussprache vom Bundestag gewählt werden kann. Ein solches Vorgehen würde zumindest die Bildung einer Minderheitsregierung ermöglichen.

Dabei ist uns bewusst, dass eine Minderheitsregierung bereit sein muss, sich immer wieder auf Kompromisse mit anderen Parteien einzulassen, um im Parlament deren Unterstützung zu bekommen. Denn Gesetze können nur beschlossen werden, wenn es dafür auch eine Mehrheit gibt. Der Vorteil dabei wäre aber, dass wir eine lebendigere und vielfältigere politische Auseinandersetzung hätten, was für die Bürger eine nachvollziehbare Gesetzgebung bedeuten würde.

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