Ein Sexkaufverbot hilft weder bei der Kriminalitätsbekämpfung, noch verbessert es die Situation von Prostituierten

Sylvia Pantel hält den Ansatz des Prostituiertenschutsgesetzes für zweckmäßiger

Berlin, 29. Mai 2020

Liebe Blog-Leserinnen und liebe Blog-Leser,

die öffentliche Debatte über die Einführung des „Nordischen Modells“ im Zusammenhang mit Prostitution erfüllt mich mit Sorge. Das nordische Modell, wie es bspw. in Schweden angewendet wird, verbietet Sexkauf grundsätzlich. Zahlreiche Studien belegen aber, dass ein Sexkaufverbot weder bei der Kriminalitätsbekämpfung hilft noch die Situation von Prostituierten verbessert. Verbote verhindern Prostitution nicht. Stattdessen führen sie dazu, dass Prostitution in einen nicht kontrollierbaren Schattenraum abwandert. Durch das Verbot von Sexkauf wird laut mehrerer Studien die Szene kriminalisiert, und die Situation von Prostituierten würde sich verschlechtern. Diese Kriminalisierung erhöht das Risiko, Opfer einer Gewalttat zu werden oder sich mit sexuell übertragbaren Infektionen wie HIV zu infizieren. So zeigt z.B. die Studie von Graham Ellison, Caoimhe Ní Dhónaill und Early Early (2019) „Review of the criminalization of paying for sexual services in Northern Ireland“, dass durch das Verbot von Sexkauf in Nordirland unter anderem die Anzahl an HIV-Infektionen und die Gefährdung der Sicherheit von Prostituierten gestiegen sind. Außerdem soll auch die Stigmatisierung der Prostituierten zunehmen.

Aus Ländern, in denen das Sexkaufverbot bereits gilt, berichten Prostituierte von massiven Beschneidungen ihrer Rechte, z.B. den Verlust des Sorgerechts aufgrund ihrer Tätigkeit. Stigmatisierung und Ausgrenzung führen dazu, dass sich Prostituierte nicht mehr an öffentliche Stellen wie die Polizei oder Beratungsstellen wenden, wenn sie beispielsweise Opfer von Gewalt werden. Die Fachberatungsstellen und Gesundheitsämter sind nicht mehr zwingend nötig und ein Kontakt mit den Betroffenen wird erschwert. So können sie schlechter über ihre Rechte, Gesundheitsangebote und Ausstiegsmöglichkeiten informiert werden. Aus den vorgenannten Gründen lehne ich das Nordische Modell ab und halte das Prostitutionsschutzgesetz für den richtigen Ansatz. Allerdings müssen die Kontrollen der Einhaltung des Gesetzes auch stattfinden, was derzeit auf Grund von Personalmangel nicht im erforderlichen Rahmen erfolgt. Auch muss es einen einfachen Zugang zur Gesundheitsversorgung geben, Ausstiegsangebote aufgestockt und vor verschiedenen Anwerbepraktiken (bspw. Love Boys) gewarnt werden. Die Anwendung von Zwang und Gewalt in der Prostitution stehen bereits unter Strafe. Die bestehenden Möglichkeiten in den Strafgesetzen müssen allerdings stärker durchgesetzt werden.

In Deutschland haben wir uns bewusst entschieden, die Strafbarkeit auf den Bereich der Zwangsprostitution und des Menschenhandels zu beschränken. Da, wo Freier erkennen können, dass sie es mit Zwangsprostituierten zu tun haben, müssen sie heute schon mit Strafen rechnen. Zwangsprostitution, Menschenhandel und Geldwäsche werden mit Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren bestraft. Auf Bundesebene wurden infolge der Corona-Pandemie am 25.3.2020 „Maßnahmen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit von Sexarbeitenden“ beschlossen. Prostituierte, die nicht in ihre Herkunftsstaaten zurückreisen konnten und hierzulande keinen festen Wohnsitz haben, dürfen nun in den Prostitutionsstätten verbleiben. Diese Sonderregelung gilt zum Schutz der Prostituierten. Es darf weder gearbeitet werden, noch darf die Situation zur Ausbeutung genutzt werden.

Ich bin sehr daran interessiert, dass keiner Frau Gewalt angetan wird, und setze mich stets gegen jede Form von Gewalt an Frauen ein. Zum Thema Prostitution habe ich mich in meiner Funktion als Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vor Ort, in Gesprächen mit Prostituierten, Freiern, Bordellbetreibern, Verbänden, Polizisten, Richtern, Verantwortlichen im Gesundheitssystem und anderen über die Situation und die Arbeitsbedingungen in diesem Bereich informieren können.

Ihre

Sylvia Pantel