Corona: Warum ich gegen die Verlängerung der Sonderrechte gestimmt habe

Sylvia Pantel erklärt, warum sie im Bundestag gegen die “Fortgeltung des Gesetzes der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen” gestimmt hat.

Düsseldorf-Süd, 6. März 2021

Liebe Blog-Leserinnen und liebe Blog-Leser,

am Donnerstag hat der Bundestag die Fortdauer einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite und den damit verbundenen gesetzlichen Regelungen festgestellt. Ich habe diesmal aus mehreren Gründen dagegen gestimmt, da die Voraussetzung für dieses damals beschlossene Gesetz nicht mehr so vorhanden ist

Wir werden die Sterblichkeit durch von COVID19 verursachte Krankheiten in den nächsten Wochen, wenn die Impfungen der Risikogruppen Wirkung entfalten, senken können. Für durch COVID19 verursachte schwere Erkrankungsverläufe haben wir zunehmend mehr wirksame Behandlungsoptionen. Außerdem hat die Anzahl intensivmedizinisch behandelter COVID19-Fälle stark abgenommen und wir haben hohe Freikapazitäten in den Krankenhäusern.

Eine Überlastung des Gesundheitssystems ist also nicht gegeben. Unsere Maßnahmen haben die Situation der letzten Monate, als noch Unklarheit über die Entwicklung und Ausbreitung des Virus‘ herrschte, erfolgreich verbessert. Die von Experten prognostizierten sehr hohen Zahlen in Hinblick auf die Verbreitung des Virus und die möglichen Todeszahlen haben sich glücklicherweise nicht bestätigt. Daher erscheint mir in der jetzigen Situation eine Einschränkung der Grundrechte und daher eine epidemische Lage von nationaler Tragweite mit entsprechenden gesetzlichen Regelungen nicht mehr gerechtfertigt zu sein.

 

Darüber hinaus denke ich, dass man behördliche Maßnahmen zum Schutz vor dem Virus zunehmend örtlich durch Bundesland oder Kommune treffen sollte. Zahlreiche Gerichte haben in Einzelfallentscheidungen gezeigt, dass die national geltenden Anti-COVID19-Maßnahmen auf kommunaler Ebene nicht immer verhältnismäßig und angemessen sind. Daher ist es nicht angebracht, weiterhin von einer nationalen Notlage zu sprechen und einen Ausnahmezustand für das gesamte Land mit entsprechenden Regelungen auszurufen. Stattdessen sollten wir Maßnahmen gegen die Pandemie verstärkt auf örtlicher Ebene ergreifen, wenn dort auf ein lokales Infektionsgeschehen reagiert werden muss. Die Oberbürgermeister von Tübingen und Rostock haben erfolgreiche Vorschläge gemacht, wie kommunal mit dem Virus umgegangen werden kann. Zum Beispiel solle man anstatt starrer Inzidenzwerte, die nicht aussagekräftig sind, die Belegung von Krankenhäusern oder die Verbreitung von Virusmutationen als Grundlage für behördliche Anti-COVID19-Maßnahmen nehmen. Wir sollten diese Vorschläge beachten und den Verantwortlichen vor Ort ermöglichen, lokal und nur dort wo nötig auf das Infektionsgeschehen reagieren zu können.

Zuletzt wurden Öffnungen bspw. für Friseure und Gartenmärkte beschlossen während zahlreiche Bereiche des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens weiterhin unterbunden werden. Das führt zu einer Situation, in der viele zurecht eine Ungleichbehandlung feststellen, vor allem, wenn diese Ausnahmeregelungen nicht ausreichend begründet sind. Der Maßstab für behördliches Handeln sollte so angelegt sein, wie hoch die Gefahr einer Infektion vor Ort ist. Für viele Innenstadtläden mit Hygienekonzepten ist die Antwort auf diese Frage die gleiche wie für körpernahe Dienstleistungen wie Haarschnitt und Frisuren: die Gefahr einer Infektion kann mit Hygienekonzepten verringert werden. Da wie eingangs erklärt davon auszugehen ist, dass auch die gesundheitlichen Risiken einer Infektion in der nahen Zukunft stark abnehmen werden, sollte die Ausnahmeregelung nicht nur für Friseure und Gartenmärkte gelten. Ich spreche mich stattdessen für eine schrittweise Öffnung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Alltags aus und ein zunehmendes kommunales Pandemiemanagement. Deshalb habe ich gegen das Gesetz zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen gestimmt.